IT Abwicklung im Insolvenzfall: Was ist wichtig bei einer Insolvenz und was sind die Hauptaufgaben?

Inhaltsverzeichnis
  1. Was ist wichtig bei einer Insolvenz und was sind die Hauptaufgaben?
  2. Wie läuft eine Insolvenzabwicklung ab?
  3. Insolvenz-Sonderfall: Schutzschirm
  4. Digitale Daten bei der Insolvenzabwicklung
  5. IT-Maßnahmen im Insolvenzverfahren
  6. IT-Abwicklung im Insolvenzfall: Checkliste

Was ist wichtig bei einer Insolvenz und was sind die Hauptaufgaben?

Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in allen Branchen ist das Thema IT aus der Insolvenzabwicklung nicht mehr wegzudenken. Viele Unternehmensdaten sind nur noch digital verfügbar, seien das Kontoauszüge, Belege, Verträge, Korrespondenz und mehr.

Im Insolvenzfall müssen alle relevanten Daten zusammengeführt, gesichert und nutzbar gemacht werden. Gleichzeitig müssen die persönlichen Daten der Unternehmenskunden geschützt werden. Das geht nur durch eine sinnvolle IT-Abwicklung. Wir sagen dir, worauf du achten musst.

Wie läuft eine Insolvenzabwicklung ab?

Schlechte Wirtschaftslage, falsche Entscheidungen oder Absatzschwierigkeiten - Schon kann es sein, dass das Unternehmen vor einem finanziellen Engpass steht. Grundsätzlich gibt es drei Insolvenzgründe:

  • Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen kann seine fälligen Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen.
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit: Das Unternehmen wird voraussichtlich nicht in der Lage sein, die bestehenden Zahlungspflichten rechtzeitig zu erfüllen.
  • Überschuldung: Das Betriebsvermögen reicht nicht aus, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken.

Mindestens einer dieser Gründe muss gegeben sein, damit ein Gericht den Insolvenzantrag annimmt.

Insolvenzantrag

Um eine Unternehmerinsolvenz einzuleiten, muss zunächst ein Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. In der Regel prüft dann ein Gutachter die tatsächliche finanzielle Lage des Unternehmens. Schon hier spielen gesicherte und archivierte Daten eine wichtige Rolle.

Sichern der Insolvenzmasse

Im zweiten Schritt verschaffen Gutachter sich einen Überblick über das Unternehmen und legen die “Insolvenzmasse” fest - also das Vermögen des Unternehmens. Der Prozess kann sich über mehrere Wochen und Monate hinziehen. Je übersichtlicher die Unternehmensdaten gespeichert sind, desto schneller geht es.

Einsetzen des Insolvenzverwalters

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, setzt das Gericht einen Insolvenzverwalter ein, an den die Insolvenzmasse sowie jegliche Entscheidungsrechte übergeben werden. Seine Aufgabe ist es, das Vermögen des Schuldners bestmöglich zu verwerten, um die Forderungen der Gläubiger zu begleichen.

Das heißt nicht zwangsläufig eine Geschäftsauflösung. In vielen Fällen lohnt sich ein Unternehmenserhalt für die Gläubiger sogar mehr. Für die Sanierung gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Sanierung mittels Asset-Deal

    Bei einem Asset Deal werden alle Vermögensgegenstände an einen Erwerber verkauft, der den Geschäftsbetrieb fortführt. Der Schuldner kann mit dem Kaufpreis die Schulden der Gläubiger begleichen.

    Da bei einem Asset Deal in der Regel auch die Kundendaten des insolventen Unternehmens übertragen werden, spielen die Datenschutzvorgaben eine wichtige Rolle.

  • Sanierung mittels Insolvenzplan

    Bei einem Insolvenzplan bleibt das Unternehmen dem Eigentümer erhalten, er muss aber bestimmte Vorgaben erfüllen, um den Gläubigern die Schulden zu einem späteren Zeitpunkt zurückzuzahlen. Voraussetzung ist eine mehrheitliche Zustimmung der Gläubiger, die Schulden für einen bestimmten Zeitraum zu erlassen, um an zukünftigen Gewinnen teilzuhaben.

In einigen Fällen ist eine Sanierung allerdings nicht möglich. Dann wird das Unternehmensvermögen fair unter allen Gläubigern aufgeteilt, auch wenn die Forderungen dann nicht zu 100% beglichen sind. Ist das gesamte Vermögen aufgeteilt, wird das Geschäft aufgelöst.

Hier spielt die IT wieder eine wichtige Rolle: Das Löschen von Zugängen und Schließen von Konten, die Einhaltung der Archivierungsrichtlinien und der Schutz personenbezogener Kundendaten

Insolvenz-Sonderfall: Schutzschirm

In einigen Fällen ist es möglich, dass der Schuldner selbst die Rolle des Insolvenzverwalters übernimmt. Unter Zustimmung der Gläubiger und des Gerichts übernimmt er die Eigenverwaltung seiner Insolvenzmasse, wird dabei aber in der Regel von einem Sanierungsexperten beraten. Der Schuldner steht hier selbst in der Verantwortung, die Unternehmens- und Kundendaten zu schützen und rechtmäßig zu verarbeiten. Wenn nicht, kann das schwerwiegende finanzielle Folgen haben.

Digitale Daten bei der Insolvenzabwicklung

Die IT liefert die grundlegende Struktur für den Unternehmensalltag. Aus diesem Grund spielt sie in nahezu jedem Schritt der Insolvenzabwicklung eine wichtige Rolle.

Beweissicherung

Grundsätzlich dienen gerichtsfeste Unternehmensdaten während des Insolvenzverfahrens als Beweissicherung für z.B. Vergütungsabrechnungen, Kundenforderungen, Anfechtungstatbestände, etc. und sollten unbedingt revisionssicher und gerichtsfest gespeichert werden.

Masseanalyse

Werden bei der Masseanalyse Daten oder Informationen übersehen, kann das zu einer Masseverkürzung führen. Es wird also mit weniger Unternehmensvermögen gerechnet, als tatsächlich da ist. Das kann den entscheidenden Unterschied machen, ob eine Sanierung möglich ist oder nicht.

Indem alle relevanten Daten revisionssicher aufbewahrt und durch Backups vor Verlusten geschützt werden, kannst du das Risiko vermeiden.

Datenschutz

Übernimmt ein Insolvenzverwalter das Unternehmen, wird er zum datenschutzrechtlichen Verantwortlichen und muss bei der Übermittlung und Ergebung personenbezogener Daten die DSGVO beachten.

Dazu gehört beispielsweise, dass die Insolvenzverwaltung Kundendaten nur nutzen oder übermitteln darf, wenn das Unternehmen explizit einwilligt oder dargelegt wird, dass die Daten zur Befriedigung ausstehender Gläubiger-Forderungen notwendig sind.

Bei einem Asset Deal müssen die Daten zudem korrekt getrennt werden:

Welche Daten sind zur Unternehmensfortführung zwingend notwendig, welche personenbezogenen Daten müssen nicht unbedingt weitergegeben werden?

Archivierungsrichtlinien

Für die meisten Daten im Steuer- und Handelsrecht gelten gesetzliche Aufbewahrungspflichten, die vor allem in der Abgabenordnung (AO) des Steuerrechts und im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt sind.

Das ist nicht ohne Grund so: Bei vielen Insolvenzverfahren wollen Behörden und Versicherung plötzlich noch einmal Unterlagen zur Nachprüfung sehen. Eine gewissenhafte Datensicherung ist die einzige Möglichkeit, diesen Forderungen nachzukommen.

Die Archivierungspflicht kann auch über den Auflösungszeitpunkt des Unternehmens hinaus gelten - Die Daten dürfen also nicht einfach gelöscht werden.

IT-Maßnahmen im Insolvenzverfahren

Die meisten Unternehmen haben sehr komplexe IT-Systeme. Um alle Daten und Informationen aus den verschiedenen Bereichen nach und nach zusammenzuführen, zu speichern und ordnungsgemäß zu verarbeiten, werden verschiedene Maßnahmen verwendet.

  • Migration: Daten werden aus veralteten IT-Systemen und Applikationen in neue verschoben.
  • Hibernation: Langzeitarchivierung von IT-Systemen, um die aufbewahrungspflichtigen Daten zu sichern.
  • Discontinuation: Stilllegung von IT-Systemen.
  • Mitarbeiter-Offboarding: Bei Mitarbeiterentlassungen müssen die Zugänge zu unternehmensinternen Informationen gesperrt werden.
  • Carve-Out: Trennung der IT-Systeme für Unternehmensaufteilungen.
  • Spin-Off: Transfer von Buchungskreisen und Betriebsdaten.

Carve-Out und Spin-Off sind beliebte Veräußerungstrategien, um Unternehmensteile schnell loszuwerden. Die Trennung der IT-Systeme und der entsprechenden Daten ist dabei eine besonders komplizierte Herausforderung.

IT-Abwicklung im Insolvenzfall: Checkliste

Im Folgenden stellen wir dir eine IT-Checkliste für die einzelnen Schritte des Insolvenzverfahrens zur Verfügung. Es handelt sich allerdings nur um eine grundlegende Richtlinie, denn je nach Unternehmensstruktur sieht die IT-Abwicklung unterschiedlich aus.

Wir empfehlen, immer einen IT-Experten mit ins Boot zu holen, der die Aufteilung der komplexen Hard- und Softwarestruktur sowie die fachgerechte Datenverwaltung überwacht.

  • Zu Beginn:
    • Sicherung der gerichtsrelevanten Daten
      • Verträge (Immobilien, Versicherungen, Versorgung, etc.)
      • Buchhaltung
      • Jahresabschlüsse
      • Unterlagen zur Gründung und Unternehmenshistorie
      • Unternehmenskennzahlen der letzten fünf Geschäftsjahre (Umsatz, Personalkosten, Materialkosten, ...)
    • Bestandsaufnahme der IT-Landschaft
      • Welche Geräte haben wir?
      • Welcher Mitarbeiter hat welche Geräte?
      • Welche Software wird wofür verwendet?
      • Welche laufenden IT-Verträge haben wir?
  • Bei Veräußerung:
    • Welche Daten sind für den Erwerber notwendig und müssen herausgetrennt werden?
    • Welche Daten müssen aufgrund der DSGVO vor der System-Übergabe gelöscht oder anonymisiert werden?
    • Welche Systeme und Geräte werden behalten, welche nicht?
    • Wie lassen sich wichtige Daten am besten in ein neues System überführen?
  • Bei Geschäftsauflösung:
    • Welche Systeme enthalten Daten, die archiviert werden müssen?
    • Wie lange müssen die Daten archiviert werden?
    • Welche IT-Verträge (Software, Cloud, etc.) müssen gekündigt werden?
    • Welche Konten müssen gelöscht werden?
    • Was geschieht mit den nicht mehr genutzten Geräten?